August 12, 2025
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Das war: Roundtable zu Standards im Holzbau

Das war: Roundtable zu Standards im Holzbau

Das war der Roundtable: Standards im Holzbau – Zwischen Vision und Praxis

Am 24. Juli 2025 haben wir mit Branchenexpert:innen offen diskutiert, wie intelligente Standardisierung den Holzbau schneller, günstiger und robuster machen kann – ohne gute Architektur zu opfern. Auf dem virtuellen Podium: Prof. Tobias Götz (PIRMIN JUNG / TH Köln), Dr.-Ing. Sandra Schuster (TUM.wood), Dr. Markus Lechner (eins Plan GmbH). Durch die Stunde führte Maximilian Franz (timberleicht). Hinweis: Joshua Brett konnte kurzfristig nicht teilnehmen; seine Perspektive vertrat Max in der Doppelrolle als Moderator und timberleicht-Stimme.

👉 Aufzeichnung ansehen: https://www.youtube.com/watch?v=_w9F3GBo0ZU&t=1s

Worum es wirklich ging: Gute Standards sieht man nicht

Was sind „Standards“ im Holzbau? Nicht nur Normen. Gemeint sind ebenso wiederholbare Bauteil- und Schichtaufbauten, Fügungen/Details, Prozesse und Datenstrukturen (BIM) – feste Vereinbarungen, die Qualität und Sicherheit sichern und Planung beschleunigen. Wichtig: Standard ≠ Einheitsbrei. „Innen Standard, außen Vielfalt“ fasst es treffend: Unsichtbares vereinheitlichen, Architektur und Grundriss ortsspezifisch gestalten.

Wo Standardisierung wirkt

1) Bauteile & Details
Alle drei waren sich einig: Wir brauchen weniger Varianten, dafür robuste, bewährte Aufbauten, die wiederholbar funktionieren – statt jedes Mal „das Rad neu zu erfinden“. So sinken Fehler, Kosten und Taktzeiten.

2) Planungs- und Entscheidungsprozesse
Standardisierte Abläufe sind genauso wichtig wie standardisierte Bauteile. Heute startet jedes Projekt oft „bei Null“, Teams werden neu zusammengestellt – teuer und langsam. Integrale, modellbasierte Planung muss vom Start weg gesetzt sein. Wer setzt das durch? „Standards sind eine Frage der Macht“ – am Hebel sitzt der Bauherr, der Spielregeln definiert (z. B. BIM-Pflicht).

3) Daten & Schnittstellen (BIM)
Einheitliche Datenstrukturen machen Standards erst skalierbar – von der Vorplanung bis in die Fabrik. Dann kann Software Varianten matchen und Details sicher auswählen, ohne die Architektursprache vorzugeben.

Digitalisierung & KI: Hilfe – aber nie Ersatz für kritische Intelligenz

KI kann Standardlösungen vorschlagen und Routinearbeit beschleunigen. Aber: Ohne fachliche Beurteilungskompetenz geht es nicht. Ein Lehrbeispiel aus der Lehre zeigte: Schön aussehende Rechenwege lieferten wiederholt falsche ErgebnisseValidierung bleibt Menschenaufgabe. Blick nach vorn (Wohnungsbau): Tobias ≥50 % Menschenanteil, Markus <50 %, Sandra ~40 % – Konsens: kritisch denkende Planer:innen bleiben unverzichtbar.

Markt & Wirtschaft: Warum sich Standard lohnen muss

Holzbau steht im harten Wettbewerb. Deckensysteme sind ein Schlüsselhebel für Wirtschaftlichkeit – hier müssen Standards die Reibung rausnehmen. Auch kluge Normung hilft: Wo heute Produkt-Kleinstunterschiede (z. B. bei Verbindungsmitteln) Vertriebsargumente sind, bremsen sie Vereinheitlichung. Ziel: Wettbewerb über effiziente Herstellung des Standards, nicht über immer neue Varianten.

Politik & Rahmen: Rückenwind statt Reibung

In der Blitzrunde lauteten die Appelle:

  • „Bundeseinheitliche Bauordnung – koordinierte Rahmenbedingungen!“ (Markus)
  • „Erlaubt ist, was nicht ausdrücklich verboten ist“ – Normen flexibel anwenden (Tobias)
  • „Vereinfachen statt Vielfalt verwalten“ (Sandra)
    Mehr Mut zur Vereinheitlichung beschleunigt Genehmigung und Ausführung – ohne Sicherheit zu relativieren.

Kreislaufwirtschaft braucht andere Standards

Holzbau bietet enormes Circular-Potenzial – doch lineare Regeln verhindern heute oft demontierbare Fügungen, Wiederverwendung und sortenreine Trennung. Gefragt sind neue regulatorische Standards (z. B. für Verbindungen) und praxisnahe Leitdetails, damit Kreislauf nicht die Ausnahme bleibt.

Die Sätze, die hängen bleiben

Sandra Schuster:Weniger Bauteilvarianten, mehr architektonische Qualität und Offenheit für Innovation.

Markus Lechner:Der beste Plan ist der, der auf der Baustelle funktioniert.

Tobias Götz:Die Zukunft ist der Holzbau – der Baustoff des 21. Jahrhunderts.

Maximilian Franz:Lasst uns gemeinsam Neues planen, statt gegeneinander.

Unser Fazit

Standardisierung ist kein Widerspruch zur Baukultur, sondern Voraussetzung dafür, dass guter Holzbau bezahlbar, schnell und zuverlässig wird. Innen Standard, außen Vielfalt – so schaffen wir mehr Qualität bei weniger Reibung. Jetzt braucht es Bauherren, Ausführung und Politik, die an einem Strang ziehen: Prozesse klar setzen, Bauteil-Standards mutig nutzen und datenbasiert entscheiden.

🎥 Webinar verpasst?
Hier geht’s zur Aufzeichnung (60 min): https://www.youtube.com/watch?v=_w9F3GBo0ZU&t=1s

🙏 Danke an Dr. Sandra Schuster, Dr. Markus Lechner, Prof. Tobias Götz und an alle, die mitgedacht und gefragt haben. Wir bleiben dran – mit Holz, mit Standards, mit Leidenschaft.

Dein Takeaway?
Welcher Satz würde auf deinem Plakat im Planungsbüro stehen? Schreib’s uns in die Kommentare – wir sammeln die besten Antworten!

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